Grate sind in der spanenden Bearbeitung ein leidiges Thema: Ob in der Einzelteiloder Serienfertigung, sie treten als oft unvermeidlicher Nebeneffekt in unterschiedlichsten Bearbeitungsprozessen auf. Selbst in stabilen Fertigungsprozessen können durch Werkzeugverschleiß, schwankende Prozessbedingungen oder Inhomogenitäten im Werkstoff Restgrate am Bauteil entstehen, die sich in funktionskritischen Bereichen häufig nur durch zeit- und kostenintensive Qualitätskontrollen sowie manuelle Nacharbeit ausschließen lassen. Um dem Problem »Gratbildung« auf den Leib zu rücken, verfolgt das Fraunhofer IPK verschiedene Ansätze, die jeweils auf die individuellen Gegebenheiten und Voraussetzungen der industriellen Partner zugeschnitten sind.
Neben der Forschung zum Einsatz neuer superharter Schneidstoffe arbeiten die wissenschaftlichen Mitarbeitenden an Konzepten zur werkstoff- und prozessoptimierten Bahnplanung für die Werkzeugführung. Insbesondere ungünstige Kantenübergänge von Bohrungen mit Innenkonturen sind häufig von Gratbildung betroffen. Neben dem Einsatz federgelagerter Entgratwerkzeuge sowie konturspezifischer Sonderwerkzeuge kann auch eine optimierte Konturverfolgung dazu beitragen, solche Formen prozesssicher und ohne Grate herzustellen.
Für die Forschungsarbeiten in diesen Bereichen ist das Forschungsteam im Produktionstechnischen Zentrum (PTZ) Berlin hervorragend ausgestattet. Mit über 22 CNC-Drehund Fräsmaschinen steht ein umfangreicher Maschinenpark mit einem breiten Spektrum industrieller Spannkonzepte zur Verfügung. Zudem kann auf ein weitreichendes Netzwerk von Maschinen- und Werkzeugherstellern zurückgegriffen werden. So können industrienahe und serienreife Prozesse entwickelt und in industrielle Fertigungsumgebungen übertragen werden, in der Makroebenso wie in der Mikrofertigung.
Ist es nicht möglich, die Kanten- oder Oberflächenqualität von Bauteilen einzuhalten, sind effiziente Nachbearbeitungsverfahren eine wirtschaftliche Alternative. Dazu stehen am Markt verschiedenste Verfahren und Anlagen zur Auswahl, welche teils bauteilspezifisch ausgelegt sind und oft nicht alle Anforderungen einzelner Anwender erfüllen. Neben Verfahren wie dem Strahlspanen, Bürstspanen, Gleitspanen und Druckfließläppen stehen im PTZ verschiedene Technologien zur Auswahl, die eine herstellerunabhängige Prozesskettenentwicklung für die effiziente Nachbearbeitung ermöglichen.
In den letzten zwei Jahren wurde ein neues Nachbearbeitungslabor aufgebaut, das unterschiedliche Gleitschleif- und Gleitläppverfahren adressiert. Es gestattet dem Fraunhofer IPK, diverse Prozessparameter gezielt auf individuelle Bauteilanforderungen von Kunden und Partnern abzustimmen:
Weiterhin bietet das Institut numerische Ansätze zur vollumfänglichen Prozessauslegung, basierend auf der Diskrete Elemente Methode (DEM).
Flittergrate und Spanablagerungen am Bauteil lassen sich in vielen Prozessen nur schwer vermeiden. In automatisierten Prozessketten führen sie zu einem hohen Reinigungsaufwand für die Säuberung der Bauteile innerhalb der Prozesskette. Durch die gezielte bauteilspezifische Auslegung von Reinigungsdüsen, optimierte Waschzyklen und innovative Reinigungsverfahren, wie das CO2-Schneestrahlen, konnte das Fraunhofer IPK in Industrieprojekten nachhaltige Lösungen zur Bauteilreinigung schaffen. Neben numerischen Lösungsansätzen wurden in enger Abstimmung mit den Projektpartnern anhand transparenter und dem Original nachempfundener Bauteile mit komplexen Innenstrukturen und Bohrungsverläufen erfolgreich Reinigungsstrategien ausgelegt, visualisiert und implementiert.
Für die Steigerung der Wirtschaftlichkeit bei der Bauteilfertigung und von Prozessketten gilt es, hohe Aufwände bei der Qualitätskontrolle sowie manuelle Nachbearbeitungsprozesse zu vermeiden. Dafür sind effiziente und stabile Fertigungsprozesse erforderlich, die bauteil- und werkstoffspezifisch ausgelegt werden sollten.